Familienarchiv Karl-Jürgen Klothmann

A) Heinrich, der jüngere und Lieblingsbruder meiner Großmutter, wandte sich dem Kaufmännischen zu und brachte es mit seiner schulischen Grundbildung in einem Tochterunternehmen der Chemischen Industrie AG, später fusioniert im „Bochumer Verein“, zu dem auch die Treibstoffmarke „ARAL“ gehörte, immerhin bis zum Handlungsbevollmächtigten. Zu den Aufgaben seiner Abteilung mit etwa zwanzig Mitarbeitern gehörte die Mitwirkung beim Aufbau des unternehmenseigenen Tankstellennnetzes in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
B) Hannelore Löchelt, verheiratete Hein, meine Tante 2. Grades, erzählte mir über das warmherzige Verhältnis der Geschwister Emma, meiner Großmutter, und Heinrich, ihrem Vater, folgendes: Heinrich schlief im kleinen Arbeiterhäuschen der Eltern unter der Dachschräge. Über seinem Bett befand sich an der Wand eine Glocke. Mit dieser weckte meine Großmutter ihn, wenn er austehen sollte, um zur Arbeit zu gehen. Dieses muß sich in den Jahren um 1905 während der Lehrzeit abgespielt haben, als beide Geschwister noch im elterlichen Hause wohnten.
C) Wie angedeutet , entwickelte sich eine besonders enge geschwisterliche Beziehung zwischen Emma und dem etwa vier Jahre später geborenen jüngsten Kind der Familie, ihrem Bruder Heinrich, geboren am 29.08.1891. Für Heinrich übernahm Emma frühzeitig etliche, die Eltern unterstützende, sorgende und beschützende Aufgaben. Sie berichtete später häufig darüber. Entfernte er sich während des kindlichen Spieles zu sehr, so mußte sie ihn suchen und heimbringen gehen. Das hat ihr manchmal die Schweißperlen auf die Stirne getrieben.
Diese enge Beziehung blieb lebenslang bestehen und noch in einem Gespräch mit ihr an ihrem achtzigsten Geburtstag 1967, von dem die Original-Tonbandaufnahme und Kopien auf Compact Disk erhalten sind, berichtet Emma, daß Heinrich immer zur Stelle war, wenn sie selbst Hilfe benötigte, so z.B. 1943, als mein Großvater Emil im Knappschaftskrankenhaus in Hamm starb und Heinrich dafür Sorge trug, daß seine Leiche in den Sarg gelegt wurde, der zur Bestattung nach Heeren übeführt werden sollte.Begleitet wurde er auf diesem schweren Weg von Wilhelm (Willi) Klothmann ,meinem Stiefgroßvater, der ein Auto besaß, mit dem beide nach Hamm fuhren.
Andererseits soll Heinrich anläßlich eine Dankes seiner Schwester für seine Mühen geantwortet haben: "Laß nur gut sein, Emma, du wirst mich eines Tages noch mit dem Wagen auf den Friedhof bringen (lassen)." Und das war sehr positiv gemeint!
D) Zwischen den beiden Geschwistern blieb auch nach den jeweiligen Eheschließungen ein enges Verhältnis bestehen. Man besuchte einander so häufig wie möglich; das galt auch für die beiden Töchter Irmgard und Hannelore.
Letztere erzählte mir vor einiger Zeit von diesen Besuchen. Wenn Heinrich Löchelt und Frau Helene (Leni) nach Heeren zu Besuch kamen und dort übernachteten, so rückte man zusammen: in der einen Hälfte des großelterlichen Ehebettes schlief der Besuch, in der anderen schlief das großelterliche Paar - idyllisch - aber für mich nicht selbst doch ziemlich undenkbar!